Das Problem mit To-do-Listen und wie sie trotzdem helfen

Das Problem mit To-do-Listen und wie sie trotzdem helfen

Laut einer Studie des Software-Herstellers iDoneThis werden 41 Prozent aller Einträge auf einer To-do-Liste niemals erledigt. Fast die Hälfte bleibt liegen. Zudem kam raus, dass Aufgaben häufig nicht entsprechend ihrer Bedeutung abgearbeitet werden. Neu hinzugekommene Anforderungen werfen die Planung über den Haufen, auf Kosten relevanterer Dinge.
To-do-Listen sind daher vor allem eins: Friedhöfe für wichtige Aufgaben.

Das Problem von To-do-Listen

Wir erhoffen uns von To-do-Listen einen Überblick über unsere Aufgaben. So wird nichts vergessen und eine Priorisierung nach Wichtigkeit und/oder Dringlichkeit kriegt man auch noch hin. Manch einer macht sogar längerfristige Planungen mit To-do-Listen. Recht viel für eine simple Liste. Nur, es funktioniert es nicht. Doch woran liegt es?

1. To-do-Listen ignorieren die Zeit

To-do-Listen behandeln alle Aufgaben gleich, egal ob sie fünf Minuten oder fünf Stunden dauern. Um ein Projekt zu planen, oder nur den Tag, muss jedoch die Dauer berücksichtigt werden. Es bringt nichts, eine große Angelegenheit auf die Liste zu stellen, wenn ich weder die Zeit noch die Ruhe habe, sie zu erledigen. Komplexere Aufgaben – oftmals die wichtigen – bleiben so eher liegen.
Mit To-do-Listen haben wir keine Möglichkeit entlang einer Zeitachse zu planen. Wir können Aufgaben nicht Deadlines oder einem Zeitfenster zuweisen. All dies ist jedoch eine Voraussetzung für funktionierendes Zeit- und Projektmanagement.

2. Fehlende Priorisierung

To-do-Listen sind meistens reine Sammlungen von Aufgaben, die in der Regel keinen übergeordneten Zielen zugeordnet sind. Drängendes und Wichtiges werden dabei gleich abgefertigt. Der Schlüssel im erfolgreichen Selbstmanagement liegt jedoch in der Priorisierung. Wichtige Aufgaben gehen vor dringende.

3. Unwichtiges zuerst

To-do-Listen verführen dazu, sich nur auf das Erledigen von Aufgaben zu fokussieren. Haken wir einen Punkt nach dem anderen ab, fühlt sich das gut an. Wir denken: „Heute bin ich aber produktiv“. Das führt dazu, dass wir uns auf die Angelegenheiten konzentrieren, die wir prompt und einfach bewerkstelligen können. Dies sind zwar Aufgaben, die rasch erledigt sind, aber auch oftmals von geringer Priorität.

4. To-do-Listen erzeugen Stress

Eine To-do-Liste, die einfach nicht kleiner werden möchte, macht keinen Spaß. Noch schlimmer ist eine To-do-Liste, die immer größer wird. Dies passiert, wenn Aufgaben schneller hinzukommen, als wir die vorhandenen abarbeiten können.
Eigentlich sollte die To-do-Liste gegen den Stress helfen, indem es uns ein Gefühl von Kontrolle und Überblick gibt. Wächst sie uns jetzt über den Kopf, passiert genau das Gegenteil: Wir fühlen uns machtlos und befürchten niemals Herr unserer Aufgaben zu werden.

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5. To-do-Listen sind unspezifisch

Auf einer To-do-Liste stehen unterschiedlich komplexe Aufgaben direkt untereinander, zum Beispiel Müll runterbringen und Hausarbeit schreiben. Während Ersteres eindeutig ist, besteht Zweiteres aus einer Vielzahl an Schritten und wird auch nicht an einem Tag erledigt. Um planen zu können, ist es nötig vielschichtige Herausforderung weiter runterzubrechen.

Fazit: Sie funktionieren nicht

To-do-Listen helfen uns nicht weiter, da sie in der Regel Wichtiges neben Dringendes, Unwichtiges und Nicht-Dringendes stellen. Es gibt weder Priorisierungen, noch einen Abgleich mit übergeordneten Zielen und schon gar keine zeitliche Planung.

Kann man mit To-do-Listen überhaupt etwas anfangen?

To-do-Listen bringen uns also nicht weiter. Gehören sie deswegen auf die Müllhalde der überflüssigen Produktivitäts-Techniken oder gibt es Möglichkeiten, sie sinnvoll einzusetzen? Ja, die gibt es. Hier einige schlaue Einsatzmöglichkeiten von Listen.

1. Die Projekt-Liste

Aufgaben bestehen meistens aus mehreren Aktivitäten. Diese Vielschichtigkeit macht es uns schwer, zu starten. Es ist oftmals schlichtweg nicht klar, was konkret als erstes zu tun ist.
Machen wir uns hingegen die Mühe und brechen sie in kleine Schritte runter, wird es leichter, den Überblick zu erhalten. Wir wissen, wo es losgehen soll und die Aufgabe verliert ihren Schrecken.
Achtung: Für große Projekte ist eine To-do-Liste nicht ausreichend. Hier führt kein Weg an einem ordentlichen Projektmanagement vorbei. Bei kleinen, überschaubaren Unternehmungen, die innerhalb kurzer Zeit erledigt werden können und wenig Überraschungspotenzial haben, geht dies jedoch ganz gut.

2. Die Ziele-Liste

Wir verlieren im Alltag nicht nur leicht den Überblick über Aufgaben und Verpflichtungen, sondern auch über unsere langfristigen Ziele und Wünsche. Dazu gehören konkrete Vorhaben, wie einen Uni-Abschluss machen oder ein Haus bauen, und weiche Zielsetzungen, wie regelmäßig Sport treiben oder öfters Freunde treffen. Ob wir längerfristig glücklich sind, hängt davon ab, ob wir an den Vorsätzen dran bleiben. Rücken sie in weite Ferne, macht uns das unglücklich.
Um zu gewährleisten, dass wir sie nicht aus den Augen verlieren, müssen wir ständig hinterfragen, ob unsere Aktivitäten dem Erreichen jener Ziele dienen. Dabei hilft eine Ziele-Liste. Dies ist keine To-do-Liste, sondern einer Auflistung der Dinge, die uns besonders wichtig sind und die wir bewältigen wollen.

3. Die Ad-hoc Liste

Wenn die Deadline bereits bedrohlich nah ist und alle kurz vorm Durchdrehen sind, legt man besser nicht sofort los, denn jetzt kann kaum einer klar denken. Es ist schlauer, eine simple Liste der benötigten Schritte zu erstellen.
Alles, was nicht absolut nötig ist, um das Ziel zu erlangen, wird von der Liste ferngehalten. Dinge, die zwar zu dem Vorhaben gehören, aber keine Voraussetzung für das Gelingen sind, gelten erst mal als verzichtbar. Ist später noch Zeit übrig, dann kann man es immer noch angehen.
In einer solchen Situation kann eine To-do-Liste helfen, die Kontrolle zu erlangen.

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4. Multiple Listen

Wenn ihr dennoch meint, dass es nicht ohne To-do-Listen geht, sind mehrere kleine vorteilhafter als eine große. So könnt ihr zwischen Beruf und Privatleben trennen und für unterschiedliche Situationen verschiedene Listen betreiben. Nutzt ihr nur eine, wird leicht ein furchteinflößendes Monster draus. Und Monstern geht man besser aus dem Weg.
Sind wir auf der Arbeit, reicht eine Liste mit Aufgaben, die uns dort betreffen. Zuhause hingegen brauchen wir eine andere Liste. Es dürfen auch gerne mehrere sein. Zum Beispiel eine am Badezimmerspiegel, die uns morgens erinnert, was wir daheim erledigen müssen und an der Schlafzimmertür eine, für die Dinge, die vor dem Schlafen gemacht sein sollen. Dadurch, dass die Listen kontextbezogen und überschaubar sind, können wir sie konzentriert abarbeiten.

5. Drei-Dinge-Liste

Wenn schon To-do-Liste, dann knapp. Indem wir uns zwingen, nie mehr als drei Aufgaben aufzuschreiben, sorgen wir zum einen dafür, nur Wichtiges anzugehen, und gleichzeitig gewährleistet es, dass wir den Überblick behalten.

6. Nicht-Machen-Liste

Anstatt Dinge, die erledigt werden müssen, aufzuschreiben, kommt auf diese Liste nur das, was wir nicht machen dürfen. Das können schlechte Angewohnheiten sein, die wir gerne loswerden wollen, aber auch Angelegenheiten von geringer Priorität. Dies sorgt dafür, dass wir uns nur mit Aufgaben beschäftigen, die wichtig sind.

7. Check-Listen

Überall dort, wo keine Fehler passieren dürfen, beispielsweise Luftfahrt oder Krankenhaus, helfen Checklisten. Dort sind die Einzelschritte von Prozessen vermerkt. Egal, wie groß der Stress, solange man sich an die Listen hält, kann nichts schief gehen.
Eine Check-Liste ist für Routine-Tätigkeiten und wiederkehrende Abläufe ratsam. Anstatt sich jedes Mal fragen zu müssen „Hab‘ ich alles gemacht?“,  geht man einfach die Check-Liste durch und kann so Fehler ausschließen.

8. Done-Liste

Statt sich auf das zu fokussieren, was man noch zu tun hat, erstellt man eine Liste mit Dinge, die man erledigt hat. Zum Beispiel, indem man abends aufschreibt, was man alles tagsüber geleistet hat. So führt man sich noch einmal die eigene Produktivität vor Augen. Das motiviert.

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Es geht also doch

Ja, es gibt sinnvolle To-do-Listen. Insbesondere Ziele-Listen und Check-Listen erachte ich als nützlich. Um jedoch Aufgaben und Verpflichtungen umfassend und längerfristig zu managen, ist eine To-do-Liste nicht die ideale Lösung. Hier bieten sich Projektmanagement- und Selbst-Management-Systeme, wie Kanban, Die Dinge geregelt kriegen oder das Bullet Journal an.

Nicht Aufgaben managen, sondern die Zeit

Mit To-do-Listen versuchen wir zwar, Aufgaben zu managen, viel mehr als ein Sammeln ist es jedoch nicht. Um damit nachhaltig zu planen, gilt es, die jeweiligen Punkte weiterzuverarbeiten. Wir müssen die einzelnen Anforderungen, entsprechend ihrer Wichtigkeit und Dringlichkeit, aber auch unter Berücksichtigung der Zeit, die uns zur Verfügung steht, verplanen.

Ein Kalender macht den Unterschied

Für ein einfaches Selbstmanagement-System reicht ein Kalender. Alles, was wir machen müssen, sind die gesammelten Aufgaben von der To-do-Liste dort einzutragen. Dadurch legen wir fest, wann die Angelegenheit erledigt wird. Zudem erhalten wir einen Überblick über unsere Aktivitäten und können so planen, dass wir eine realistische Chance haben sie anzugehen. Einmal die Woche gleicht man es mit den übergeordneten Zielen und Projekten ab.

Zusammenfassung

To-do-Listen haben durchaus Vorteile, man muss sie nur sinnvoll einsetzen. Für kleine Projekte, als Check-Listen zur Qualitätssicherung oder zur Erinnerung an übergeordnete Ziele sind simple Aufstellungen eine brauchbare Lösung. Geht es jedoch um längerfristige Planungen, dem Erreichen von Zielsetzungen, der Lenkung von komplexen Unternehmungen und die Priorisierung von Aufgaben, dann sind To-do-Listen eine schlechte Wahl. Hier stoßen sie an ihre Grenzen, gaukeln Produktivität vor, wo eigentlich nur Betriebsamkeit herrscht. Nicht nur, weil fast die Hälfte aller Punkte nie erledigt werden, sondern auch, weil es die wichtigen sind, die liegen bleiben.
Es gibt bessere Systeme zum Selbstmanagement, wie beispielsweise die Dinge geregelt kriegen. Dies setzt zwar auch auf das Festhalten von Aufgaben, jedoch nur als ersten Schritt, bevor sie geplant und priorisiert werden.

tl;dr

To-do-Listen sind Friedhöfe für wichtige Aufgaben, vermitteln ein falsches Gefühl, alles im Griff zu haben, und helfen nicht bei der langfristigen Planung.

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