Positive Fehlerkultur für mehr Kreativität / Copyright Jörg Faber

Warum Kreativität und Fortschritt eine positive Fehlerkultur brauchen

„Do not be embarrassed by your failures, learn from them and start again.“

Richard Branson

Fail fast, fail often – so wollen Startups an der Konkurrenz vorbei ziehen. Agile Prozesse statt ewige Planungsphasen, multidisziplinäre Teams statt Kompetenz-Silos, Prototypen statt perfekte Lösungen. Zur Startup-Kultur gehört auch eine positive Fehlerkultur, denn Fehler liefern wertvolle Erkenntnisse. Und nur so können sie schneller, beweglicher und innovativer als die Konkurrenz sein.

Fehlerkultur „bezeichnet die Art und Weise, wie Gesellschaften, Kulturen und soziale Systeme mit Fehlern, Fehlerrisiken und Fehlerfolgen umgehen.“

Wikipedia.de

Positive Fehlerkultur

Fehler sind nicht schlecht. Sie sind Teil eines jeden Prozess („Fehler kommen vor“) und liefern wertvollen Erkenntnisgewinn („Lernen aus Fehlern“). Es geht nicht darum, Fehler zu vermeiden, sondern diese zu nutzen.

Realtitäts-Check: Fail fast, fail often, fail cheap?

Doch wie sieht die real gelebte Fehlerkultur aus? Auch bei Startups heißt es, spätestens wenn die ersten Erfolge da sind, Schluss mit schlank. Wenn Investoren bei Laune gehalten werden müssen, das Unternehmen aus den Kinderschuhen entwächst, ist es vorbei mit Ausprobieren und Tüfteln. Plötzlich gilt: „Jetzt bloß keine Fehler mehr“. Es ist ohnehin fraglich, ob die vermeintliche Fehlerkultur nicht in Wahrheit ein Freifahrtschein für Geschwindigkeit auf Kosten der Mitarbeiter ist.
Ist eine positive Fehlerkultur überhaupt möglich oder handelt es sich doch nur um eine leere Worthülse? Wie so oft liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Häufig wird zwar ein Wandel hin zu einer positiven Fehlerkultur angekündigt, aber nicht wirklich vollzogen.

Keine Fehler – keine Innovationen, keine Entwicklung

Doch das ist schade. Denn wer keine Fehler zulässt, kann auch nicht innovativ sein. Wer nur versucht, Pannen zu vermeiden, verhindert Chancen und lässt gewaltige Potenziale ungenutzt. Wer Fehler fürchtet, wird nie etwas Neues wagen, immer auf Bewährtes setzen.
Denn Kreativität und Innovationen leben von Fehlern. Nur wer bereit ist, ab und zu einmal so richtig dämlich auszusehen, kann innovativ sein.

Das Problem im Umgang mit Fehlern im Unternehmen

Führen Unternehmen eine positive Fehlerkultur ein, geht dies oftmals mit eigenen Prozessen für den Umgang mit Fehlern einher. Doch anstatt die Chance im Irrtum zu sehen, fokussiert sich alles auf dessen Ursachen. Was ist falsch gelaufen? Bei welcher Berechnung, bei welcher Annahme hat man sich geirrt. Die wichtigste Erkenntnis ist, was führte zur verkehrten Entscheidung. Wenn man weiß, was falsch lief, braucht man es zukünftig nur noch zu vermeiden. Ganz einfach.
So wird fröhlich analysiert und diskutiert, bis man herausgefunden hat, wie es zu dem Fehler gekommen ist. Je mehr man darüber weiß, desto besser. Am Ende des Prozesses sind alle schlauer und jeder weiß, was zu tun ist, damit es nicht mehr vorkommt.

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Fehler gefunden, Chance vertan

So schafft man sich ein ganzes Arsenal an angeblich wertvollen Erkenntnissen, die alle darauf beruhen, wie man etwas nicht machen soll. Mit einer echten Fehlerkultur hat diese jedoch nur wenig zu tun. Anstatt Fehler als Chance zu sehen, werden sie zu einem Forschungsgegenstand. Statt den Erkenntnisgewinn zu sehen und sich auf ihn zu konzentrieren, liegt der Fokus auf dem Aufarbeiten des Irrtums. Die eigentliche Aufgabe gerät dabei in den Hintergrund.
Mit der Zeit entsteht so ein Set an Bewährtem. Mitarbeiter wissen jetzt, woran sie sich zu orientieren haben, wie sie vorgehen müssen, um fehlerfrei zu Ergebnissen zu kommen. Dies verspricht Effizienz und größtmögliche Sicherheit. Hält man sich daran, kann eigentlich nichts schief gehen.

Das Problem von Schlussfolgerungen

So richtig voran geht es jedoch auch nicht. Denn letztendlich schafft man vor allem unnötige Einschränkungen. Nur, weil ein Vorgehen in einer Situation nicht funktioniert hat, heißt es nicht, dass in einem anderen Fall auch falsch wäre. Wir neigen zu Vereinfachungen und übersehen, dass Umstände, die zwar ähnlich wirken, nicht zwangsläufig gleich sind.
Die meisten Situationen sind zu komplex, als dass wir einfach Fall A mit Fall B gleichsetzen können. Im Streben nach einem Rüstzeug, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, erhalten wir so vielmehr Anleitungen zu einem Vorgehen, was uns leicht irreführen kann.

„If you always make the right decision, the safe decision, the one most people make, you will be the same as everyone else.

Konsequenzen für die Mitarbeiter

Kultivieren Unternehmen eine solche Fehlerkultur, hat es Konsequenzen. Vor allem für die Mitarbeiter, denn diese laufen ständig Gefahr, beim Machen von Fehlern ertappt zu werden. Anders als in einer negativen Fehlerkultur, in der Fehler nicht passieren dürfen, drohen hier zunächst keine Konsequenzen. Es geht ja nur um die Aufarbeitung.
Langfristig bedeutet dies jedoch, dass sich Mitarbeiter mehr Gedanken machen, ob sie vielleicht dabei sind, einen Fehler zu begehen, als darüber, wie sie ein Problem oder eine Aufgabe lösen können. Schließlich gibt es bereits eine Reihe an Fällen, an denen man sich orientieren kann, um fehlerfrei zu arbeiten. Dies schränkt die Arbeitskräfte nicht nur ein, zudem hemmt es sie. Schließlich gibt ihnen das Unternehmen genug an die Hand, um Fehler zu vermeiden. Wenn jetzt ein Fehler passiert, ist es doppelt schlimm.
Anstatt mutig voranzugehen, sichern sich die Mitarbeiter lieber mehrfach ab. Dann gibt es Meeting auf Meeting, Konzepte werden vorgestellt und optimiert und dann noch mal optimiert und noch mal vorgestellt. Alle sind geschäftig, doch ernsthaft gearbeitet wird nicht und wirklich schlauer wird auch niemand.
Das ursprüngliche Ziel, ein Klima zu schaffen, in dem sich Mitarbeiter entfalten und Innovationen entstehen können, hat sich in das Gegenteil gewandelt. Die Absicht war gut, das Ziel ist jedoch verfehlt worden.

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Fehleraufarbeitung macht langsam, bringt wenig

Solche Fehlerkulturen lähmen, verursachen unnötige Aufwände und sind nur rückwärts gewandt. Anstatt Chancen zu nutzen, dreht sich alles um das, was nicht funktioniert hat. Statt nach vorne zu schauen, findet eine unverhältnismäßige Beschäftigung mit der Vergangenheit statt. Es werden irreführende Regeln aufgestellt und letztendlich entsteht ein unproduktives Arbeitsklima.

Positive Fehlerkultur heißt nach vorne schauen

Um Fehler als Chancen zu begreifen, muss man sie positiv sehen. Denn in jedem Fehler steckt auch eine Erkenntnis. Schließlich weiß man, was nicht geht. Das ist deutlich mehr als vor dem Fehler.

„Ich habe nicht versagt. Ich habe mit Erfolg zehntausend Wege entdeckt, die zu keinem Ergebnis führen.“

Thomas Edison, hat die Glühbirne erfunden

Anstatt zurück zu schauen, um sich mit der Aufarbeitung des Fehlers zu beschäftigen, bringt es mehr, die neugewonnenen Erkenntnisse zu nutzen. So wird man handlungsfähig und kann mit Innovationen die Konkurrenz abhängen. Während die noch den letzen Fehler analysiert, ist man schon zwei Fehler – und somit wertvolle Erfahrungen – weiter.

Echte Fehlerkultur: wenn ein Fehler kein Fehler ist

Eine echte Fehlerkultur braucht keine aufwändigen Aufbereitungen und Fehleranalysen. Alles, was benötigt wird, ist ein anderer Umgang mit Fehlern. Diese dürfen nicht mehr als etwas Schlechtes angesehen werden. Sie sind vielmehr Teil eines jeden Prozesses und von entscheidender Bedeutung für Innovationen und Entwicklung.
Der Begriff Fehler ist jedoch eindeutig negativ belegt. Schon durch seinen Gebrauch, egal wie wenig wertend er gemeint ist, wird gewertet. Ein Vorwurf schwingt immer mit. Wo es Fehler gibt, sind auch Verursacher, die sich dafür verantworten müssen. Ein erster Schritt hin zu einer echten Fehlerkultur könnte das Vermeiden des Wortes Fehler sein. Wie wäre es denn mit „Da hat sich eine Annahme nicht bestätigt“ anstelle von „Da hat wohl einer einen Fehler gemacht“?
Letztendlich ist es jedoch egal, welche Begriffe verwendet werden, denn in einer echten Fehlerkultur ist ein Fehler lediglich etwas, was nicht wie gewünscht funktioniert hat. Der vermeintliche Fehler hilft die Lösung zu finden.

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Fehlerkultur fördert Produktivität und Kreativität

Wer keine Angst vor Fehlern und deren Konsequenzen haben muss, kann entspannter arbeiten und Ideen eine Chance geben. Eine echte Fehlerkultur bietet daher Innovationen und Kreativität den Raum, den sie brauchen, und steigert gleichzeitig Wohlbefinden und somit auch die Produktivität der Mitarbeiter. Die Annahme, dass Menschen unter Druck und Kontrolle ihre beste Arbeit abliefern, ist veralteter Blödsinn.

Rahmenbedingungen müssen stimmen

Damit es eine positive Fehlerkultur geben kann, müssen die Rahmenbedingungen passen. Es reicht nicht, davon zu reden, sondern es muss auch gelebt werden. Eine Fehlerkultur, die in erster Linie Fehler aufarbeitet, um sie zukünftig zu vermeiden, lässt Chancen ungenutzt. Gleichzeitig darf ein offener Umgang mit Fehleinschätzungen nicht dazu einladen, vollkommen unkritisch mit allen Versäumnissen umzugehen. Wer ein Haus ohne Baugenehmigung baut und es anschließend wieder abreißen muss, hat einen Fehler gemacht und Konsequenzen zu erwarten.

Zusammenfassung

Geht es um Innovationen, Kreativität und Entwicklungen, sind Fehler ein entscheidender Teil eines jeden Prozesses. Sie lassen sich nicht vermeiden, ermöglichen jedoch konstante Verbesserungen. Wenn wir sie als Chance sehen, ergeben sich große Potenziale und ungeahnte Möglichkeiten.

tl;dr

Wer Neues erschaffen oder Produkte verbessern möchte, kommt an einer positiven Fehlerkultur nicht vorbei.


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